Kunst als Beute

Anet-Kommode

2020 startete die Stiftung Stadtmuseum Berlin die Provenienzforschung zu 47 Möbeln aus den Sammlungen des Märkischen Museums, das 1995 in der Stiftung aufging. Zunächst war nur überliefert, dass die Antiquitäten nach dem Zweiten Weltkrieg aus dem Reichsbankbunker in Berlin-Mitte ins Museum gekommen sein sollen. Einige der Stücke tragen Hinweise auf eine Herkunft aus Paris zur Zeit der deutschen Besatzung (1940-1944). Es muss also untersucht werden, ob die Möbel womöglich im Zuge von Verfolgungen unter dem NS-Regime aus jüdischem Vorbesitz kamen. Wäre dies nachweisbar, dann wären diese Stücke bis heute als „unrechtmäßig entzogen“ zurückzugeben.

Die sogenannte Anet-Kommode, auf deren Rückseite ein Brandstempel auf einen Erstbesitz im 18. Jahrhundert in Anet (Frankreich) verweist, gehört zu jenen Möbeln, deren Objektgeschichte mit Hilfe von Nummern, Aufschriften und Archivalien bis 1941 zurückverfolgt werden kann. Anfang 1941 wird die Kommode vom Pariser Antiquitätenhandel B. Fabre et Fils an den Architekten der Berliner Reichsbank Heinrich Wolff verkauft. Die Reichsbank hatte besonders in den 1940er Jahren in Paris im großen Stil Antiquitäten eingekauft zur Ausstattung des Berliner Erweiterungsbaues (heute Teil des Auswärtigen Amts) und der Repräsentationsräume der alten Reichsbank in der Kurstraße. Französische Kunstschützer fahndeten nach Kriegsende in Berlin nach jenen Möbeln, aber die russische Besatzungsmacht verschwieg deren Vorhandensein. Der Reichsbankerweiterungsbau wurde inzwischen von der städtischen Bank („Stadtkontor“) und dem Finanzministerium genutzt. Mit Gründung der DDR 1949 ruhten jene Stücke noch immer im dortigen Tresorkeller. 1951/52 gelangten sie wegen Umbaumaßnahmen durch Überweisung des Ministeriums für Finanzen der DDR an das Märkische Museum. Dort fanden einzelne der Möbel Nutzung im Arbeitsbetrieb, die meisten jedoch fielen im Turmdepot weitgehend der Vergessenheit anheim.

Aktuell wird weiter geforscht, wie die Anet-Kommode in den Pariser Kunsthandel gelangte. Ein Entzugskontext ist bislang nicht nachweisbar, kann aber auch noch nicht ausgeschlossen werden. Daher werden die Recherchen zu möglichen Vorbesitzern in und vor den 1930er Jahren fortgesetzt.

Film über die Anet Commode mit der Provenienzforscherin Regina Stein, 2023
4:19 Min
Jongsma + O’Neill

Die Objekte in der Ausstellung

Gehört zu
Kunst als Beute. 10 Geschichten