Iranischer Derwischmantel

Wie jede lebendige Religion ist der Islam kein eindimensionales, einheitliches Glaubenssystem. Den einen Islam gibt es nicht; er besteht aus einer Vielfalt religiöser Strömungen und Erscheinungsformen, die verschiedene Aspekte des Glaubens in den Vordergrund stellen. Zum Beispiel eine Hinwendung zur Spiritualität. Diese findet im Islam ihren Höhepunkt in der Mystik, dem Sufismus. Abgeleitet wurde der Begriff vermutlich vom arabischen Wort für Wolle, suf. Die frühen Mystiker und Asketen und auch der Prophet Mohammed sollen einen Flickenmantel aus grobem Wollstoff getragen haben.

Ein Mantel, eine Mütze, eine Schale
…Im Raum „Aspekte des Islam“ zieht im Eingangsbereich der modern anmutende Flickenmantel eines iranischen Bettlerderwischs die Blicke auf sich. Der Mantel hängt ausgebreitet in einer Vitrine und wurde aus Hunderten unterschiedlich großen, farbigen Stoffresten aus Baumwolle, Filz und Fell genäht. Eine grobgestrickte Wollmütze, ein Blashorn und eine Bettelschale vervollständigen das religiöse Ensemble. Derwische gehören islamischen Sufi-Gemeinschaften an, die sich einem Leben für Gott und in freiwilliger Armut verschrieben haben. Risse in den Kleidungsstücken wurden mit Flicken gestopft. Die Mäntel der Lehrmeister wurden nach deren Tod oft in kleine Stücke geschnitten und die Stoffreste wiederum von den Schülern in ihre eigenen Flickenmäntel eingenäht. An einer Medienstation, die sich mit weltweiten Sufi-Praktiken beschäftig, lässt sich das Thema vertiefen. Die näheren Umstände, unter denen Julius Heinrich Petermann, Professor für Orientalische Philologie an der Universität Berlin, den hier präsentierten Derwischmantel in der iranischen Provinz Yazd 1857 erworben hat, sind nicht bekannt. Den Bogen zur Gegenwart der Sufi-Orden, in denen heute nur noch wenige einem strikten Armutsideal folgen, schlagen die Mitglieder des Berliner Sufi-Zentrums Rabbaniyya in der Gestaltung ihrer beiden Vitrinen: Sie unterstreichen die Bedeutung der traditionellen Kleidung, des Gottgedenkens und die für zeitgenössische Sufi oft charakteristische Betonung der Friedensliebe