Kunsthandwerk in Zentralasien
Die Ausstellung macht das Verhältnis zwischen Kunsthandwerk, staatlicher Verfasstheit, Identität und Materialität am Beispiel von Usbekistan und Tadschikistan, Kirgisistan, Turkmenistan und der in Xinjiang beheimateten ethnischen Gruppe der Uiguren zum Thema. Die unterschiedlichen politischen und wirtschaftlichen Systeme in der Region seit der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden begleitet von tiefgreifenden Veränderungen der Identitäten der zentralasiatischen Bevölkerungen – von häufig lokal oder religiös geprägten zu mit den neuen Nationalstaaten verbundenen Identitäten. Parallel kam es zu einem Bedeutungswandel ihrer materiellen und immateriellen Kultur: vom Kunsthandwerk als Statussymbol wohlhabender Schichten zu einem nationalen Symbol. Unter der sowjetischen Herrschaft etwa drohte das Wissen um die traditionelle Kunst teilweise verloren zu gehen oder wurde – wie in Turkmenistan vor der Unabhängigkeit – kommerzialisiert. So wurden aus selbstständigen Töpfermeistern Arbeiter, die in Fabriken Massenporzellane herstellten. Daneben etablierten sich aber auch Kunsthandwerkstätten. Im heutigen Usbekistan verliehen goldbestickte Mäntel während des Emirats ihren Träger*innen Rang und Status, die modernen Festmäntel sind Teil einer nationalen Tracht und werden noch heute bei Staatsbesuchen verschenkt.
Die wunderschönen Textilien, Teppiche und Keramiken werden in dem Raum auf vier wellenförmigen Ausstellungspodesten frei präsentiert. Integriert in die Wellenelemente sind große Vitrinen für die Präsentation der Kleidung, zum Beispiel von einem dunkelroten Frauenmantel aus Samt mit silberfarbener Seidenstickerei, der aus Westturkestan, dem heutigen Usbekistan, stammt. Über den tiefen Ausläufern der Wellen scheinen die flachen Vitrinen mit Schmuck und Kopfbedeckungen buchstäblich zu schweben. Die Erläuterungen an den Vitrinen und eine Medienstation widmen sich den Veränderungen der Objekte, ihren Herstellungsbedingungen und Bedeutungen. Teppiche aus Filz sowie der aus demselben Material hergestellte Männerhut, kalpak, sind heute wichtige Symbole kirgisischer Identität. 2012 wurden die Filzteppiche ala-kiyiz und shyrdak, die aus Schafwolle gewebt werden und auf eine nomadische Tradition zurückgehen, in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen.
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Raum 305 – Kunsthandwerk in Zentralasien