Die Auseinandersetzung mit Kolonialismus und Kolonialität gehört im Humboldt Forum zu einem der Kernthemen und ist nicht zuletzt ein Resultat des Drucks auf das Haus im Entstehen. Bekenntnisse zur Vielstimmigkeit und Diversität, verbunden mit dem Anspruch, ein Forum für kritische Stimmen zu sein, sind heute Maximen seiner Programmplanung. Darin zeigt sich das Selbstverständnis einer Institution, die ihren Platz innerhalb der postkolonialen Kritik beansprucht und ihre Ressourcen dementsprechend einsetzt.
Das ist, je nach Perspektive, entweder ein konsequenter Prozess, erwachsen aus den Erwartungen an ein Forum, das im Sinne seines Auftrags im Koalitionsvertrag eine „internationale Dialogplattform für globale kulturelle Ideen“ sein will, und allgemeiner aus der politischen und gesellschaftlichen Verantwortung für die Gestaltung einer gerechteren Welt. Oder es ist das Paradox einer Institution, die für viele Menschen die Antithese der Dekolonisierung verkörpert (Raubkunst – preußische Herrschaftssymbolik – Oberflächlichkeit – weiße Dominanz …), und dabei die Mittel hat, sich Kritik anzueignen?
Mit der Frage, ob das Humboldt Forum ein (legitimer) Ort postkolonialer Kritik sein kann, ist unmittelbar die nach einer Instrumentalisierung und Kommodifizierung von Kritik verbunden. In welchem Verhältnis stehen vom Humboldt Forum finanzierte kritische Positionen von Künstler*innen und Wissenschaftler*innen zu den Kämpfen und Positionen von Aktivist*innen und anderen zivilgesellschaftlichen Kritiker*innen? Welchen Stellenwert hat die postkoloniale Kritik innerhalb des Humboldt Forums? Welche Reibungskräfte erzeugen die inhärenten Widersprüche? Wird die postkoloniale Kritik hier als Teil des kulturellen Programms zu einer Ware, einem asset?
In unserer ersten Ausgabe des Magazin-Features „… eine Welt, in der Kolonialität nicht mehr möglich ist“ möchten wir Menschen einladen, sich in einem Beitrag mit Fragen der Instrumentalisierung von Kritik (am Beispiel des Humboldt Forums und darüber hinaus) auseinanderzusetzen – gerne auf Basis eigener subjektiver Erfahrungen und Überlegungen.
Wir heißen Beiträge in verschiedenen medialen Formen (bspw. Video- und Audiobeiträge, Bilder, Comics, Collagen…) willkommen, genauso wie Texte mit bis zu 15.000 Zeichen (inkl. Leerzeichen) auf Deutsch, Englisch, Französisch, Portugiesisch und Spanisch. Berücksichtigt werden können Einsendungen bis zum 28. Februar 2022. Von der Redaktionsgruppe ausgewählte Beiträge werden mit einer Aufwandsentschädigung vergütet und unter den Namen der Autor*innen und auf Wunsch auch ohne namentliche Nennung publiziert. Beiträge, Beitragsideen und Rückfragen zum CfP bitte an [email protected].