Zu den Spuren gehören zum Beispiel Gebäude, Denkmäler oder Straßennamen. In Tansania wurden viele (Um-)Benennungen bereits nach der Unabhängigkeit in den 1960er Jahren eingeleitet, viele Gebäude aus der Kolonialzeit sind noch vorhanden. In Deutschland werden Umbenennungen von Straßen seit langem diskutiert und sind zum Teil bereits umgesetzt. Die Schüler*innen recherchierten und erstellten Kurzfilme über ihre Ergebnisse. In ihrer Auseinandersetzung mit dem kolonialen Stadterbe kommen Interviews mit selbst ausgewählten Expert*innen, persönliche Positionen von den Schüler*innen sowie kritische Fragen zu Erinnerung von kolonialem Erbe zusammen.
Die Filme insgesamt 12 Filme – fünf aus Berlin und sieben aus Dar es Salaam – werden im Rahmen von „Geschichte(n) Tansanias“ im Humboldt Forum in Berlin gezeigt und ergänzen die zumeist erwachsenen Stimmen in der Ausstellung. Das Vermittlungsprojekt ist ein Bindeglied zwischen den aktuellen Debatten über das Erbe des deutschen Kolonialismus in Tansania und Deutschland. Es wirft die Fragen auf, wie die Erinnerung an die koloniale Vergangenheit in der Gegenwart gestaltet werden kann, welche Veränderungen notwendig sind und wie eine zukünftige Generation in Debatten um Erinnerung einbezogen werden kann.
Blick hinter die Kulissen: Dar es Salaam
Ein Film von: Richard Magumba – Filmemacher, Dar es Salaam
Alle Filme aus Dar es Salaam
Von: Sharif Chacha, Mwanaid Janabi, Nickson Nelson, Rachel Nenula, Myles Rajab – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Von: Abigail Frank, Iptsam Arafat, Nahil Hamis, Elnora Gerson, Collin Chipaka, Rayan kikwabha, Leonard Gerson – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Von: Sharif Chacha, Mwanaid Janabi, Nickson Nelson, Rachel Nenula, Myles Rajab – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Von: Abigail Frank, Iptsam Arafat, Nahil Hamis, Elnora Gerson, Collin Chipaka, Rayan kikwabha, Leonard Gerson – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Von: Sharif Chacha, Mwanaid Janabi, Nickson Nelson, Rachel Nenula, Myles Rajab – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Von: Elizabeth Jossey, Charlice Chris, Gasper Nguma, Raiyan Salumu, Abdallah Idd – Alpha Secondary School, Dar es Salaam
Blick hinter die Kulissen: Berlin
Wie sind die Filme entstanden? Wie seid Ihr zu dem Thema Eures Films gekommen und wie seid Ihr vorgegangen?
Anne Fäser (Vermittler*in, Berlin): Wir haben uns mit diesen Spuren methodisch u. a. durch eine dekoloniale Stadtführung gemeinsam mit einer Expertin beschäftigt. Wir hatten auch einen Sensibilisierungsworkshop, in dem wir uns mit kolonialer Fotografie beschäftigt haben und reflektiert haben, wie wir selber Bilder umsetzen können. Die Schüler*innen haben dann selbst Themen ausgewählt. Sie haben Themen und Orte gefunden, die sie interessieren. Dann haben sie sich in eigenen Recherchen weiter damit beschäftigt und ein Storyboard entwickelt. Darin wird festgelegt, was der Film eigentlich einfangen möchte, wie der zeitliche Ablauf ist, was für Bilder aufgenommen werden sollen und wie sie aneinandergesetzt werden sollen. Und natürlich gab es einiges an Spontanität im Prozess – dadurch hat sich der Film richtig mit Leben gefüllt.
Entstanden sind unter anderem Auseinandersetzungen mit der Umbenennung von Straßennamen. Es wurden auch strukturelle Probleme identifiziert, zum Beispiel, dass in der Schule das Thema „Kolonialismus“ nicht oder nur in geringem Umfang behandelt wird. Auch das Thema Körper und wie unser Blick auf Körper von Kolonialismus geprägt ist, wurde in einem Film besprochen.
Rale Duyar (Schüler*in, Berlin): Wir haben uns im Projekt ja mit Straßen und Orten beschäftigt. Wir hatten auch eine Stadtführung zur Kolonialgeschichte und einen Workshop zur Sensibilisierung. Da haben wir viel mitgenommen und uns gefragt wo wir am meisten Berührungspunkte mit dem Thema haben. Deshalb ist unsere Entscheidung auf das Schulbuch gefallen. Dafür haben wir auch ein Interview mit einer Lehrkraft geführt und mit einer Expertin.
Wie hat Euch das Projekt gefallen? Was fandet ihr besonders an dem Projekt und was nehmt ihr mit?
Laura Manyoh Müller (Schüler*in, Berlin): Also, als wir das Angebot bekommen haben, an dem Projekt teilzunehmen, wollte ich das aus persönlichem Interesse. Ich dachte mir, es wäre eine Möglichkeit, mehr dazu zu lernen. Ich hatte vorher ein Praktikum am Institut für Asien- und Afrikawissenschaften gemacht, deshalb dachte ich das passt gut. Was ich mitgenommen habe, ist, dass es noch sehr viel zu erzählen gibt. Als wir am Ende die Ergebnisse angeschaut haben, dachte ich, wir müssen eigentlich noch so viel erzählen und dazulernen. Denn in der Schule lernen wir so gut wie gar nichts zu Kolonialismus. Als ich das Interview mit einer Expertin für den Film geführt habe, ist mir aufgefallen, wie groß die Lücke ist. Das hat mich traurig und wütend macht. Ich dachte mir: Warum wird das nicht in der Schule thematisiert?
Laura Bath (Schüler*in, Berlin): Ich habe auch mitgemacht, weil mich privat Geschichte und Politik interessieren und weil Kolonialismus ein wichtiges Thema ist. Und ich kann mich nicht daran erinnern, dass wir das in der Schule mal behandelt haben. Wir haben im Unterricht vielleicht kurz darüber geredet, aber die Komplexität des Themas und dass es immer noch so viele Spuren von Kolonialismus gibt, das wusste ich vorher nicht. Ich habe viel mitgenommen und gelernt und bin auch sensibler geworden, würde ich sagen. Gerade als weiße Person ist es wichtig, dass man eine Sensibilität bekommt und merkt, dass man eine Verantwortung hat. Als wir am Ende die Filme gesehen haben, habe ich gemerkt, wie wichtig das ist.
Rale Duyar (Schüler*in, Berlin): Für mich war sehr schnell klar, dass ich bei dem Projekt mitmachen möchte. Was besonders war, ist, dass ich das erste Mal in so einer Gruppe gearbeitet habe, dass wir zusammenarbeiten konnten. Mir ist bewusstgeworden, dass ich nicht im Unterricht bin und mit Menschen zusammen bin, die sich dafür interessieren und etwas verändern möchten. Das fand ich sehr schön.
Was wünscht ihr Euch für die Zukunft? Wie sollten wir mit dem Thema Kolonialismus umgehen?
Ilayda-Tuana Burghardt: Ich finde, dass wir gerade in Schulen, viel sensibler mit dem Thema umgehen müssen. Es braucht klar antirassistische Ansätze bzw. einen antirassistischen Blick auf das Thema. Auch ist es unglaublich wichtig klarzumachen, dass das Thema Kolonialismus so komplex und vielschichtig ist, dass es gar nicht nur auf Fächer wie Geschichte oder Politik begrenzt werden kann. Kolonialismus muss daher auch fächerübergreifend gelehrt werden. Spuren von Kolonialismus sind überall zu finden – egal ob in einem Lied aus dem Musikunterricht, oder bestimmte Sprachmuster im Deutschunterricht. Insgesamt sollte man sich diesen Tunnel-Blick abgewöhnen – dafür ist das Thema Kolonialismus einfach viel zu komplex. Es braucht einen sensiblen, antirassistischen Blick – in der Schule und darüber hinaus.
Alle Filme aus Berlin
Von: Krish Ghosh – Inge-Deutschkron-Gymnasium, mitarbeitende UNESCO Projektschule, Berlin
Von: Elida Evrim Arslan, Ilayda-Tuana Burghardt, Rale Duyar, Laura-Manyoh Müller, Laura Bath, Angelina Debruijn – Carl-Friedrich-von-Siemens-Gymnasium, mitarbeitende UNESCO Projektschule, Berlin
Von: Lizzy Wilke, Alma Wilke, Alisa Kovacevic – Inge-Deutschkron-Gymnasium, mitarbeitende UNESCO Projektschule, Berlin
Von: Ella Krüger – Inge-Deutschkron-Gymnasium, mitarbeitende UNESCO Projektschule, Berlin
Von: Hugo Vorländer – Nelson-Mandela-Schule, anerkannte UNESCO Projektschule, Berlin
Das Vermittlungsprojekt City Research ist Teil der Ausstellung Geschichte(n) Tansanias und eine Zusammenarbeit zwischen der Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, dem Ethnologischen Museum und Zentralarchiv, Staatliche Museen zu Berlin – Stiftung Preußischer Kulturbesitz und dem National Museum of Tanzania. Projektleitung: Akademie, Programmabteilung für Bildung, Vermittlung und Wissenschaft der Stiftung Humboldt Forum, Jocelyne Stahl; Projektkoordination Dar es Salaam: Achiles Bufure; Pädagogische Begleitung: Anna Sonelo, Wilhelmina Joseph (Dar es Salaam) und Anne Fäser (Berlin); Filmentwicklung unter Anleitung von Richard Magumba (Dar es Salaam) und Anne Fäser (Berlin). Mitarbeitende Schulen: Inge-Deutschkron-Gymnasium, Carl-Friedrich-von-Siemens-Gymnasium und Nelson-Mandela-Schule in Berlin aus dem Netzwerk der UNESCO-Projektschulen sowie die Alpha Secondary School in Dar es Salaam.