Dieser Artikel ist Teil des Features „… eine Welt, in der Kolonialität nicht mehr möglich ist.

Die Institution ist hungrig

5 Min Lesezeit

Es verschluckt dich, weißt du? Das leuchtend weiße Loch im Zentrum dieses liberalen Blödsinns.
Ich vermute, inzwischen sieht es aus wie ein Schloss.

Es verschluckt dich, nur um dich netter wieder auszuspucken,
adretter und mit Schlips.
Es schält harte Worte zu Baumwolldaunen;

Es scheuert Scherben der Wut zu Seeglas mit stumpfen Kanten,

beweglich und frenetisch;

an schwarz-sandigen Stränden gesammelt
um anschließend in die Weiten
der Kuriositätenkabinette
aus dem 17. Jahrhunderts gestopft zu werden.1

Sieh nur, diese schönen Stücke dort hinten, fangen Staub, genau wie all die anderen Dinge, die einst gefährlich waren, und es jetzt nicht mehr sind?:2

  • Elefanten, ausgestopft
  • Dinosaurier, zu Fossilien geworden
  • Könige, entwaffnet in Steingräbern.

All diese Klingen rosten unpoliert,
aber das würde man kaum merken, da sie ohne Nutzen glänzen,
von weißen Männern in weißen Kitteln mit weißen Gummihandschuhen sauber gehalten …

Fass sie lebend an und sie werden dich übel verbrennen;
wenn du sie aber sezierst, frieren sie ein –
Hirsts Hai in Formaldehyd.3

Das ist keine Kastration, das ist ein Forum!

Wenn einen Namen nicht auszusprechen ihm Macht verleiht, muss dies wohl dessen Gegenteil sein:

Sprich etwas immer und immer wieder aus,          Kritik          um ihm die Lebenskraft zu entziehen,

um seine Subversion ausbluten zu lassen,          Kritik          seine Nötigung,         Kritik          seinen Schneid –

bis es nur noch eine Aneinanderreihung von stumpfen Silben ist, die auf deiner Zunge bummeln:

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Kritik KRI-TIK | Kritik | /kriˈti:k/ Kritik

Nomen. ein zum Schweigen gebrachter Schrei, abgeschlachtet und gehäutet und im Bankettsaal der Sieger aufgehängt, die Geschichte geschrieben haben.

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Ich vermute, was ich sagen will, ist, dass,                 wenn rotes, helles Licht (schmerzhaftes, sengendes Licht;

blendendes, tränendes, blutendes Licht!)

gebrochen
wird
in seine
elektro-
magnetischen
Bestandteile,
es als harmloser, harmonischer Regenbogen erscheint,
der anschließend
      zur Beschmückung
      auf Schlossmauern
      aus Beutemarmor
projiziert wird.

Der mysteriöse Tanz von Partikel und Welle kommt durch deine Intervention mit quietschenden Reifen zum Stillstand; deine Beobachtung verändert das Ereignis:

Diese Vase kann nur Schnittblumen enthalten.
Diese Urne kann nur Asche enthalten.

Du willst etwas töten? Bitte es, sich zu erklären.

1 (selbst gefällte Bäume, die 12.000 Monde erlebt hatten, ihre Geheimnisse zerstreut in Sägemehl).

2 Ich hatte mal eine Katze, der man die Krallen gezogen hatte. Sie knetete den Boden mit Geisterkrallen und impotenter Kraft; sie grapschte nach Blaukehlchens Schwanzfedern – sie entglitten ihr wie Seidenbänder.

3 Hättest du lieber, dass man dich unsterblich macht und deine stumme Seele in einem Netz fängt? Oder lieber namenlos sterben, für einen blitzartigen Augenblick laut schreien, nur ans matt glänzende Meer geschnürt?

Autor*in
Abby Klinkenberg

Abby Klinkenberg ist eine kalifornische Schriftstellerin und Dichterin, die in Berlin lebt.