Innen ein internationales Kulturzentrum, außen vermeintlich ein Schloss: Das Humboldt Forum ist ein Ort der Gegensätze – und das war von Anfang an auch so gewollt. 2002 beschloss der Deutsche Bundestag die Teilrekonstruktion des Berliner Schlosses als Humboldt Forum. Eine große fraktionsübergreifende Mehrheit folgte der Empfehlung der internationalen Expertenkommission „Historische Mitte Berlin“ für ein neues Museums-, Wissens- und Begegnungszentrum in der Dimension und mit den barocken Fassaden des Berliner Schlosses.
Gesellschaftliche Debatten
Vorausgegangen waren breite gesellschaftliche Debatten um die Zukunft dieses politisch-symbolisch aufgeladenen Ortes. Wie sollte die Mitte der neuen deutschen Hauptstadt aussehen? Bis 1950 stand hier das Berliner Schloss, seit 1976 der Palast der Republik, der 1990 wegen Asbestbelastung geschlossen wurde. Mit unterschiedlichen Schwerpunkten halten diese Kontroversen bis heute an: Wurde anfangs vor allem diskutiert, ob die Rekonstruktion des Berliner Schlosses statthaft war, trat nach 2000 das Schicksal des Palastes der Republik stärker ins Bewusstsein. In den vergangenen Jahren verlagerte sich die Debatte auf die Frage, wie sich das Humboldt Forum programmatisch zu der rekonstruierten Fassade und den Sammlungen verhält. Mit Kunst am Bau sowie in Ausstellungen, Veranstaltungen und künstlerischen Interventionen setzen sich die Stiftung und die Akteure im Humboldt Forum kritisch mit der Geschichte und Architektur dieses Ortes auseinander.
Das Gebäude: bewusstes Miteinander barocker und zeitgenössischer Architektur
Das Humboldt Forum ist ein Neubau voller architektonischer Spannungslinien – ein bewusstes Miteinander historischer und moderner Fassaden durch den italienischen Architekten Franco Stella. Sein Entwurf macht das Gebäude von außen gleichermaßen als Rekonstruktion und Neubau erkennbar. Die offenen Höfe, das Foyer sowie die neu geschaffene Dachterrasse machen das Humboldt Forum zu einem stark frequentierten, modernen öffentlichen Ort in Berlin.
Kunst am Bau: Künstlerische Reflektion des Ortes
Sieben Kunst-am-Bau-Werke im Haus und auf der Dachterrasse befassen sich mit der Geschichte des Ortes, der äußeren Erscheinung des Gebäudes oder seiner Nutzung als Ort der Bildung und Wissenschaften. Die koloniale Vergangenheit Deutschlands und der koloniale Kontext der Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst sind ebenfalls ein zentraler Aspekt der künstlerischen Auseinandersetzung.
Die Geschichte des Ortes sichtbar machen
Bereits mit seiner Gründung erhielt die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss den Auftrag, die Geschichte des Ortes aufzuarbeiten und sichtbar zu machen. Drei kostenlose Ausstellungen und 36 dezentrale Spuren im gesamten Haus vermitteln einen Überblick über die Geschichte dieses oft auch umstrittenen Ortes. Sonder- und Wechselausstellungen, Veranstaltungen und Buchpublikationen beleuchten ebenfalls zentrale Aspekte.
Ausstellungen, Veranstaltungen, kulturelle Bildung
Für die Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss sind das Gebäude und seine Architektur, die Geschichte des Ortes und die Sammlungen im Humboldt Forum Bezugs- und Ausgangspunkte für ihre Programmarbeit. Ausstellungen, Veranstaltungen, Angebote kultureller Bildung und Vermittlung sowie temporäre Aktionen regen zu einer kritischen Auseinandersetzung an.
Neue Formate und Plattformen in Arbeit
Weitere aktuelle Maßnahmen machen das Humboldt Forum noch stärker als Kulturinstitution sichtbar – und verweisen auf das, was innerhalb des Gebäudes an Ausstellungen und kulturellen Programmen stattfindet. Dazu zählen neben den „Enzis“, den neuen Sitzmöbeln auf den Vorplätzen des Gebäudes, Banner an der Süd- und Nordfassade in den Hausfarben Rot, Rosa, Blau und Weiß.
Weitere neue Formate und Plattformen für eine freie künstlerische Auseinandersetzung mit der Architektur sind in Arbeit. Ab 2025 wird ein internationaler Kunstwettbewerb ausgeschrieben: Im Zwei-Jahres-Rhythmus lädt die Stiftung über ein Jury-Verfahren zur sichtbaren Auseinandersetzung mit der Geschichte des Ortes und der Rekonstruktion ein.
Dabei geht es weniger darum, die rekonstruierten historischen Fassaden „aufzubrechen“, wie es aktuell eine Initiative fordert, sondern darum, sie kritisch zu kommentieren und die Geschichte des Ortes sichtbar zu machen. Dies geschieht seit Beginn der Arbeit am und im Humboldt Forum und wird kontinuierlich weitergehen. Sowohl permanent als auch temporär, sowohl in der Programmarbeit als auch am Gebäude des teilrekonstruierten Schlosses selbst.