Dieser Artikel ist Teil des Features „Was soll das? Das Kreuz auf dem Humboldt Forum

Pressestimmen 2017

5 Min Lesezeit

Sigrid Hupach

Kulturpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag,  Die Welt, 19. Mai 2017

„Aber wie soll ein solcher offene Dialog der Kulturen gelingen, wenn oben auf der Kuppel ein Kreuz schon die Richtung vorgibt? Eine solche Hierarchisierung der Kulturen und Religionen halte ich für absurd. Es ist hoch problematisch, wenn private Spender mit eigener Agenda dank großzügiger Zahlungen Einfluss auf die Gestaltung des Schlosses nehmen. Es braucht jetzt eine öffentliche Debatte über die Frage nach dem Kreuz, um die Idee noch zu verhindern. Der Kulturausschuss des Bundestages sollte sich dazu positionieren.“

 

Thomas Assheuer

DIE ZEIT, 21. Mai 2017

„Bei der, Pardon, Biologisierung der Weltgeschichte hat ein religiöses Zeichen nichts verloren, schließlich waren die monotheistischen Religionen ursprünglich Protestbewegungen: Sie lehnten die heidnische Anbetung des Natürlichen ab, sie hatten genug von kosmischen Kulten, blutrünstigen Göttern und falschem Zauber. Exodus statt Unterwerfung. Geist statt Sakralisierung der Natur.“

 

Gunnar Schupelius

B.Z., 19. Mai 2017

„Da soll unter dem Namen Humboldt-Forum ein sehr spezielles Museum eingerichtet werden, das mit der preußischen Geschichte überhaupt nichts zu tun hat. Man baut ein Schloss auf und verleugnet es. Und dann kommt auch noch diese Stiftung (Anm. Stiftung Zukunft Berlin) daher und bekämpft das Kreuz auf dem Schloss als Ausdruck „christlicher Leitkultur“. Das verstehe ich nicht. Wir sind ein Land mit einer großen christlichen Vergangenheit. Nichts hat unsere Kultur mehr geprägt als das Christentum.“

 

Sonja Zekri

Süddeutsche Zeitung, 22. Mai 2017

„Das Humboldt-Forum verharrt in einer bizarren Spannung zwischen äußerem Preußenkitsch – bald wohl sogar mit Kuppel und Kreuz – und innerer Unschärfe trotz Einbeziehung außereuropäischer Sammlungen. Gestartet als städtebaulich angeblich zwingender Lückenschluss im neuen Berlin, durch die Dahlemer Sammlungen notdürftig mit Relevanz versehen, bleibt es den brennenden Fragen des Einwanderungslandes Deutschland gegenüber erstaunlich indifferent.“

 

Mark Siemons

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 28. Mai 2017

„Könnte es also sein, dass die symbolische Ausstaffierung der Hauptstadt heute als Kompensation für die verlorenen Freiheiten und Bedeutungen fungiert, als anregende Erinnerung daran, dass es früher einmal um etwas ging, ohne davon allzu sehr belästigt zu werden? Das Codewort für diese Erinnerung hieße dann ‚Kultur‘.“

 

Harald Martenstein

Der Tagesspiegel, 11. Juni 2017

„Entscheidend ist, welche Botschaft von der heutigen Anti-Kreuz-Kampagne ausgeht, auch für Nichtchristen wie mich. Die Botschaft heißt: Vergesst, wer ihr seid, vergesst eure Geschichte, verwandelt euch in unbeschriebene Blätter, in den globalen Menschen ohne Eigenheiten, in austauschbare Arbeitsbienen. Habt Respekt für alle anderen. Euch selbst und eure Traditionen vergesst besser. So entsteht kein multikulturelles Paradies, so entsteht Wut und Hass bei denen, die nicht die Option haben, morgen einen Job in Katar oder in Miami anzunehmen. Wie soll einer gelassenen Respekt für andere aufbringen, wenn er das Gefühl hat, das Eigene aufgeben zu müssen?“

 

Andreas Kilb

FAZ, 23. Mai 2017

„Ein Kuppelkreuz auf dem Humboldtforum wäre deshalb nicht nur eine Irreführung der Besucher. Es wäre ein historisches Zeichen, das an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig ließe. Nicht „unser“ Christentum würde darin sichtbar, wie Monika Grütters meint, sondern der Anschluss an die Tradition der preußischen Staatskirche mit ihrer engen Verbindung von Kanzel und Bajonett. […] Ein Wegfall des Kreuzes würde dieses „religiös politisieren“, teilen die drei Humboldt-Intendanten salomonisch mit. Nein, es ist umgekehrt: Wer das Kreuz errichtet, macht Politik. Geschichtspolitik, Symbolpolitik, Museumspolitik.“

 

Kia Vahland

Süddeutsche Zeitung, 7. Juni 2017

„Dies wäre das falsche Symbol zur falschen Zeit. Mehr noch als das ganze Schloss verweist dieses Kreuz auf dieser Kuppel auf den preußischen Obrigkeitsstaat. Der Aufbau entstand erst, nachdem der preußische König die freiheitliche Revolution von 1848 niedergeschlagen hatte und Hunderte Aufständische im Berliner Barrikadenkampf gestorben sind. Die kreuzbewehrte Kuppel signalisiert den Triumph des Gottesgnadentums über demokratische Strömungen, über Versammlungs-, Rede- und Pressefreiheit. Sie steht nicht für das Christentum allgemein, sondern für eine ungute Vermengung von Religion und Politik, die anderslautende Ansichten unterdrückt.“

 

Klaus Lederer

Im Interview mit Katja Bauer, Stuttgarter Zeitung, 14. August 2017

„[…] Ich bleibe dabei, dass das Kreuz auf einem Profanbau nichts zu suchen hat, auch wenn es mal eines auf dem Schloss gab. Früher saß da mal ein Kaiser drin, der ist da jetzt auch nicht mehr. […] Man kann sich nicht hinstellen und sagen, es waren ja nur ein paar Jahre, in denen Deutschland Kolonien besessen hat. Wenn wir wollen, dass es kein Völkerkundemuseum alter Schule wird, dann brauchen wir Formen, die den in der Schlosskopie als Hülle angelegten Widerspruch nicht zum Desaster gereichen lassen, sondern produktiv machen.“