Der Mensch ist das einzige Wesen, das weiß, dass es sterben wird. Das Wissen um unsere Vergänglichkeit ist ein Antrieb für Kunst, Kultur und Wissenschaft und konfrontiert uns mit existenziellen, individuellen und globalen Fragen. Von April bis November 2023 widmete das Humboldt Forum dem Thema Leben mit dem Tod ein vielstimmiges Programm mit einer szenisch gestalteten Sonderausstellung, einem Veranstaltungs- und Vermittlungsprogramm und einem Begleitbuch.
Wie leben wir mit dem Tod? Was ist ein guter Tod? Was wird bleiben von uns? Mit diesen Fragen und einem filmischen Prolog über die Rolle des Homo Sapiens im Universum startete der Rundgang durch die Ausstellung. Das Besondere: Installationen und Raumerlebnisse machten das Thema multimedial und interaktiv erfahrbar. Stimmen unterschiedlicher Glaubensgemeinschaften erzählten über ihre Vorstellungen vom Jenseits und in einer Videokonferenz teilten Sterbebegleiter*innen aus zwölf Ländern ihre Erfahrungen. Eine Audio-Lichterzählung vermittelte aus naturwissenschaftlich-medizinischer Perspektive, was beim Sterben geschieht. Die Ausstellung ermöglichte Einblicke in besondere Traditionen des Umgangs mit Körpern Verstorbener und in eine islamische Leichenwaschung. Und sie stellte Fragen: Wie (un)gleich sind die Lebens- und Sterbebedingungen weltweit? Welche Verantwortung haben wir für den Tod anderer Menschen? Und droht im Zuge des gegenwärtigen Artensterbens gar die Selbstauslöschung unserer Spezies?
Zur Ausstellung erschien eine kostenlose Broschüre mit Hintergrundinformationen zu den jeweiligen Akten und Szenen und Querverweise zur Publikation.
Mit der Frage Wie leben wir mit dem Tod? betrachteten regelmäßige Führungen und Workshops für Erwachsene und Schüler*innen ab der 7. Klasse die Ausstellung. Die szenisch gestalteten Räume wurden gemeinsam entdeckt und hinterfragt. Die Workshops wurden in Kooperation mit der Björn Schulz Stiftung erarbeitet, die lebensverkürzend erkrankte Kinder und deren Familien professionell begleitet. Auch eine Fortbildung für Pädagog*innen und Multiplikator*innen war Teil des Programms.
Eine neue Ausstellung im Humboldt Forum beschäftigt sich mit der Sterblichkeit und dem Umgang mit ihr. Sie lohnt einen Besuch.
Felix Müller, Berliner Morgenpost, 31.03.2023
So eine Ausstellung hat man in Berlin bisher noch nicht erlebt.
Tomas Fitzel, rbb Kultur, 30.03.2023
Hammer-Ausstellung zum Tod un_endlich im Humboldt Forum. Müsst Ihr hin
Mark Benecke, Dr. Mark Benecke’s Youtube Canal, 30.03.2023
Die Gewissheit des Todes verbindet alle Menschen und ist gleichwohl eine der letzten großen Unbekannten. Das Humboldt Forum widmet sich in den nächsten acht Monaten einem der großen universellen Themen und bietet Besucher*innen die Möglichkeit, innezuhalten, in Erfahrungsräume einzutauchen, in den Austausch zu treten und Position zu beziehen.
Hartmut Dorgerloh, Generalintendant Humboldt Forum
Auf dem Rundgang begegnen die Besucher*innen nicht Objekten, sondern unterschiedlichen Szenen und Fragen zu Sterben und Tod, die hinter dem Vorhang des Alltages oft verborgen bleiben.
Detlef Vögeli, Kurator der Ausstellung
Die Ausstellung ist als Drama in fünf Akten szenisch gestaltet und lotet das existenzielle Thema Leben mit dem Tod aus. Es betrifft jede und jeden und schließt auch nicht-menschliche Lebewesen ein, denn alles was lebt, ist sterblich. Jenseits von richtig und falsch erkunden die Besucher*innen unterschiedliche Bühnen und begegnen dabei vielfältigen Vorstellungen des Todes.
Gesine Last, Co-Kuratorin der Ausstellung
Wo sonst als in dieser Ausstellung kann man persönlich dem Tod begegnen? Wo sonst kann man sich als Teil der sterblichen Weltgemeinschaft erleben? Der Mensch ist mit seiner Sterblichkeit nicht alleine. Gemeinsam mit etwa zehn Millionen Tierarten ist der Homo sapiens Teil einer Schicksalsgemeinschaft des Werdens und Vergehens.
Jan Zappe, Co-Kurator der Ausstellung
So wie Shakespeare in Hamlet versucht, mit dem Tod umzugehen, wollen wir die Menschen ermutigen, sich mit der eigenen Endlichkeit auseinanderzusetzen. Ich denke, dass dies ein Hauptziel der Ausstellung ist: keine Angst vor dem Tod zu haben, sondern diesen als Teil unseres Lebens zu betrachten – als Theater des Lebens.
Tom Piper, Bühnenbildner
In der Ausstellung steht das emotionale Gesamterlebnis im Zentrum. Man teilt den Raum, man teilt das Erlebnis. Durch eine Ausstellung geht man immer irgendwie allein, selbst wenn man in Begleitung ist. Wir dagegen bemühen uns, eine Art Bewegung zu entwickeln: von einem Akt zum nächsten, von einem Raum in den nächsten.
Alan Farlie, Ausstellungsarchitekt
Veranstaltungen und Publikation
Im Zentrum des Veranstaltungsprogramms stand die lebendige Auseinandersetzung mit dem Tod quer durch verschiedene Kunstformen und Generationen. In der Sprechstunde kamen Besucher*innen mit einem Sterbebegleiter, einer Pathologin, einer Polizistin oder einer Trauerrednerin ins direkte Gespräch und in der Filmnacht mit Filmemacher*innen und Wissenschaftler*innen. Trost durch Musik ermöglichte ein Konzert des Resident Music Collective am Osterwochenende. Es gab Erzählungen über den Tod für Erwachsene und Bilderbuchkino für Kinder. Als Höhepunkt des Veranstaltungsprogramms fand zum ersten Mal das Mexikanische Totenfest im Humboldt Forum statt – mit Musik, Performance, Familienprogramm und einem bunt geschmückten Altar.
Das Begleitbuch vereint unterschiedliche Perspektiven auf das Thema in Essays, Interviews, Fotografien und persönlichen Erfahrungsberichten. Mit Beiträgen von und Interviews mit: Cristina Cattaneo, Stephen Cave, Dipesh Chakrabarty, Jens Dreier, Matthias Glaubrecht, Liv Nilsson Stutz, Julia Samuel, Helaine Selin & Robert M. Rakoff, Robin Wall Kimmerer und vielen anderen. Die deutsche Ausgabe des Buches ist vergriffen, kann aber in den Werkräumen eingesehen werden.