Un/sichtbar! 80 Jahre Kriegsende
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5 EUR, ermäßigt 3 EUR |
Tickets können ab einen Monat vor der Veranstaltung im Foyer des Humboldt Forums oder über den Online-Ticketshop gebucht werden. |
ab 12 Jahre |
Deutsch |
Berlin Ausstellung, 1. OG, Saal 5 Berlin Raum |
Am 8. Mai 2025 jährt sich das Ende des Zweiten Weltkrieges zum 80. Mal. Wie erinnern wir? Was bleibt verborgen? Was wird wiederentdeckt?
Die Veranstaltung „Un/sichtbar! 80 Jahre Kriegsende“ bei BERLIN GLOBAL widmet sich den vielfältigen Formen des Erinnerns und Vergessens. In Vortrag, Film und Lesung beschäftigen sich die Künstlerin Anna Krenz, die Aktivistin Margitta Steinbach und die Kabarettistin Sigrid Grajek mit un/sichtbaren Biografien und Schicksalen. Dabei stellen sie individuelle und kollektive Perspektiven in den Mittelpunkt.
In einem abschließenden Gespräch zwischen Anna Krenz, Margitta Steinbach, Sigrid Grajek, Raimund Wolfert (Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft) sowie der Moderatorin Shelly Kupferberg, haben Sie die Gelegenheit, Fragen zu stellen und Gedanken zu teilen.
Der Abend versteht sich als eine Sammlung von Impulsen – eigenständig und nebeneinanderstehend. Wir laden Sie herzlich ein, Teil dieses Erinnerungsmosaiks zu sein. Die Autorin und Journalistin Shelly Kupferberg wird durch den Abend führen.
Programm
Teil 1:
Lebendige Erinnerung: Polnische Kämpferinnen und Widerstandsaktivistinnen in Berlin
Ein performativer Vortrag von Anna Krenz
Im Jahr 2024 erhielt ein Baum in Berlin den Namen Irena Bobowska – einer Dichterin, Künstlerin und Widerstandskämpferin der polnischen Untergrundbewegung. Die 22-jährige Frau, die von der Gestapo in Posen inhaftiert wurde, schrieb Gedichte und zeichnete bis zu ihrem Tod in Berlin durch die Guillotine im Jahr 1942. Dank des Engagements polnischer Aktivistinnen wurde ihre Geschichte Teil des Berliner Gedenkraums.
Im Rahmen eines performativen Vortrags erzählt die Künstlerin und Forscherin Anna Krenz die Geschichten von Bobowska und zwei weiteren außergewöhnlichen Frauen, die im Widerstand in Berlin aktiv waren: Jadwiga Neumann und ihre Mitstreiterin Stefania Przybył. Neumann stellte ihre Wohnung für konspirative Treffen und geheimdienstliche Besprechungen zur Verfügung, wurde dann verhaftet und in Plötzensee hingerichtet. Ihre Geschichte geriet in Vergessenheit. Przybył, zum Tode verurteilt, floh auf spektakuläre Weise aus dem Gefängnis in Moabit und ließ dabei ihre Schwester in der Zelle zurück.
Der Vortrag thematisiert Strategien der Erinnerung an polnische Frauen in der deutschen Gedenkkultur sowie die Arbeiten von Anna Krenz, die ihre Geschichten durch künstlerische Interventionen in den öffentlichen Raum zurückbringt.
Teil 2:
„Auschwitz verlassen“
Ein Film von Jakob Weingartner
Produktion: Menda Yek Deutschland, Margitta Steinbach, Esther Bernsen (2024)
Margitta Steinbach (AMCHA Deutschland e.V. und Gründerin des Vereins Menda Yek e.V.) reist mit den Mitgliedern ihres Vereins nach Polen, um die Gedenkstätte Auschwitz-Birkenau zu besuchen.
Es sind nicht nur die älteren Sinti, die noch einmal an den Ort der Vernichtung ihrer Vorfahren zurückkehren wollen, um das Grauen ihrer Familien zu begreifen. Mit dabei sind auch ihre Töchter und deren gleichaltrige Freundinnen, die sich zwischen dem Grauen der Vergangenheit, der Gegenwart und ihrer eigenen Zukunft auf die Suche nach Identität und Hoffnung begeben.
Der dokumentarische Film „Auschwitz verlassen“ beschäftigt sich mit der Rolle des familiären Gedächtnisses in der Erinnerung an die Opfer der Holocausts. Margitta Steinbach, Initiatorin und Produzentin des Films, kämpft mit ihrer Community-Arbeit um Anerkennung in der deutschen Erinnerungskultur.
Teil 3:
„Immer lebten wir in Angst, auch in unseren Träumen.“
Sigrid Grajek liest ausgewählte Texte der Radiosprecherin, Lesbe und Überlebenden Eva Siewert
Eva Siewert (1907–1994) war eine deutsche Journalistin, Schriftstellerin und Radiosprecherin. In den 1930er Jahren arbeitete sie als Chefsprecherin bei Radio Luxemburg und schrieb für verschiedene Zeitungen. Wegen ihrer jüdischen Abstammung, ihrer Homosexualität und regimekritischer Äußerungen wurde sie während des Nationalsozialismus verfolgt, verhaftet und inhaftiert.
1938 lernte Siewert Alice Carlé kennen, mit der sie eine enge Beziehung führte. 1943 wurde Carlé nach Auschwitz deportiert und ermordet. Dieser Verlust prägte Siewerts Leben und Schreiben nachhaltig. Doch das Werk Eva Siewerts blieb lange unbeachtet. Um ihr Schaffen und Schicksal vor dem Vergessen zu bewahren, initiierte die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft das digitale Gedenkprojekt In Erinnerung an Eva Siewert. Es gewährt biografische Einblicke und macht ihr Werk wieder sichtbar.
Im dritten Programmpunkt der Veranstaltung liest Sigrid Grajek ausgewählte Texte Eva Siewerts.
Diskussion
Anschließend laden wir Sie zu einem Gespräch mit Anna Krenz, Margitta Steinbach, Sigrid Grajek und Raimund Wolfert (Mitinitiator des Projekts In Erinnerung an Eva Siewert) sowie der Moderatorin Shelly Kupferberg ein. Hier haben Sie die Möglichkeit Fragen zu stellen und Gedanken zu teilen.
Beteiligte
Die 1976 in Poznań, Polen, geborene Künstlerin, Architektin, Autorin und Aktivistin Anna Krenz lebt seit 2003 in Berlin. Sie ist Gründerin des Kollektivs Dziewuchy Berlin und des Vereins Ambasada Polek e.V. Seit 2001 arbeitet sie mit dem Dänischen Zentrum der erneuerbaren Energien – Folkecenter for Renewable Energy bei Projekten zur nachhaltigen Entwicklung zusammen. Anna Krenz ist Teil des Frauen-Projektstudios Sinus_3, das Architektur, Ökologie, bildende Kunst und Gestaltung des öffentlichen Raums vereint. Von 2003 bis 2012 war sie Co-Leiterin der Galerie ZERO in Berlin. Zusammen mit Ewa Maria Slaska und Jemek Jemowit konzipierte und realisierte sie die Freifläche „Freiheit, Gleichheit, Solidarność“ bei BERLIN GLOBAL.
Sigrid Grajek, 1963 geboren, ist eine Kabarettistin und Schauspielerin. Grajek arbeitete als Schauspielerin in der freien Szene, von 1997 bis 2001 als Gast am Stadttheater Bremerhaven und von 1995 bis 2011 als Ensemblemitglied des Kabaretts Berliner Brett’l. Seit 1998 tritt sie mit ihrer Comedy-Figur Coco Lorès auf, die sie in verschiedenen Varieté- und Bühnenprogrammen präsentiert. Sigrids Grajeks Paraderolle ist die der „Claire Waldoff“, berühmt für Gassenhauer wie: „Wer schmeisst denn da mit Lehm?“ 2007 konzipierte sie das Programm “Claire Waldoff: Ich will aber gerade vom Leben singen…” anlässlich des 50. Todestages der Künstlerin. 2020 folgte das Programm “BERLIN. Die 1920er – Eine Stadt im Taumel”.
Für das Digitalprojekt “In Erinnerung an Eva Siewert” der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft hat Grajek insgesamt sechs Texte Eva Siewerts eingelesen. Auf eindrückliche Art wird so lebendig, was bisher nur auf Papier zugänglich war.
Margitta Steinbach ist eine der Gründer*innen des Vereins Menda Yek e.V. und Projektmitarbeiterin bei AMCHA Deutschland e.V.
Seit 2021 betreut Steinbach als Projektmitarbeiterin bei AMCHA Deutschland e.V. den Bereich „Sinti*izze und transgenerationales Trauma“.
Margitta Steinbach gehört der Community der Sinti*zze an und ist Enkelkind von Überlebenden des Zwangslagers Berlin-Marzahn und des Zwangslagers Magdeburg Holzweg. 2022 gründete Steinbach zusammen mit weiteren Nachfahren der beiden Zwangslager den Verein Menda Yek e.V. (dt: „Einer von uns“). Der Verein beschäftigt sich mit psychosozialen Folgen des Holocaust für Sinti*zze. Der Fokus liegt auf den unaufgearbeiteten Traumata. Ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit ist, sicherzustellen, dass die Angehörigen der betroffenen Familien in allen Prozessabläufen an der erinnerungspolitischen Aufarbeitung aktiv mit einbezogen werden – nach dem Motto: „Nicht über uns, sondern mit uns“.
Raimund Wolfert, geboren 1963, freier Dozent und Mitarbeiter der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft in Berlin. Wolfert ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen zur Geschichte der Homosexualitäten. Zuletzt erschien die Publikation (als Herausgeber zusammen mit Oranna Dimmig und Claudia Schoppmann): Damals wurde uns klar, dass Bleiben Lebensgefahr bedeutete. Eva Siewert und Alice Carlé, eine Liebe während der Shoah (Schriften der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Reihe B: Quellen und Zeugnisse, 14). Berlin: Lukas Verlag, 2025.
Shelly Kupferberg, 1974 in Tel-Aviv geboren, wuchs in West-Berlin auf. Sie studierte Publizistik, Musik- und Theaterwissenschaften. Neben zahlreichen Beiträgen für die ARD schreibt sie seit 30 Jahren für Kultur-, Literatur- und Gesellschaftsmagazine. Sie arbeitet als freie Redakteurin und Moderatorin für Deutschlandfunk Kultur und moderiert auf radio3 vom rbb täglich Kultursendungen. Neben ihren regelmäßigen Live-Radiosendungen moderiert sie Konzerte, Lesungen und Tagungen sowie Veranstaltungen für Kultureinrichtungen und Festivals. Im Herbst 2022 erschien ihr literarisches Debüt „Isidor“ bei Diogenes. Dieser stand auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und wurde in mehrere Sprachen übersetzt.
Ihre thematischen Schwerpunkte sind neben der Kultur auch gesellschaftliche Themen, wie Bildung, Kulturvermittlung, Zivilgesellschaft, Demokratie und Partizipation, Diskriminierungs-, sowie Migrationsthemen, Provenienzforschung und Erinnerungskultur.