11:00 – 13:00 Uhr
Film „Der vermessene Mensch“
13:30 – 15:30 Uhr
Podium „Der deutsche Genozid in Namibia in Film und Museum“
16:15 – 17:15 Uhr
Führung „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“
in der Dauerausstellung des Ethnologischen Museums
11 Uhr Film: Der vermessene Mensch
„Deutsch-Südwestafrika“, das heutige Namibia, war von 1884 bis 1915 deutsche Kolonie. Dort verübten deutsche kaiserliche Truppen zwischen 1904 und 1908 den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Sie vernichteten gezielt große Teile der Ovaherero, Ovambanderu und Nama und töteten zahlreiche weitere Menschen.
Der fiktive Film von Lars Kraume „Der vermessene Mensch“ erzählt dieses deutsche Kolonialverbrechen mit der Geschichte eines jungen, ehrgeizigen deutschen Wissenschaftlers, der im Laufe der Erzählung jegliche moralischen Grenzen überschreitet. Er stiehlt nicht nur Kulturgüter für das Berliner Völkerkundemuseum, sondern schickte auch Schädel und Skelette von ermordeten Ovaherero zum Zwecke der Forschung nach Berlin
Die Erinnerungen an den von der deutschen Kolonialmacht verübten Völkermord und dessen bis heute währenden Auswirkungen sind in Namibia und insbesondere in den Communities der Ovaherero und Nama allgegenwärtig.
In der deutschen Gesellschaft hingegen sind die kolonialen Verbrechen, die Frage der Reparationen und insbesondere die Problematiken im (Nicht-)Umgang und dem Verbleib der menschlichen Gebeine, und die Restitutionsforderungen bezüglich der Cultural Belongings, wie die Kulturgüter mitunter heute benannt werden, bisher nicht gleichermaßen Beachtung. Der Film „Der vermessene Mensch“ will die Debatte über diese Verbrechen aufnehmen.
Für das Humboldt Forum, als aktueller Ausstellungsort des Ethnologischen Museums und seines Kooperationsprojekts zu den Sammlungen aus Namibia, ist die Erinnerung an diesen Genozid und seine Aufarbeitung ein wichtiges Anliegen. Wir verbinden daher die Präsentation des neuen Films mit einer Podiumsdiskussion und Führungen in der Ausstellung zu Namibia.
DER VERMESSENE MENSCH feiert seine Weltpremiere als „Berlinale Special“ auf den 73. Internationalen Filmfestspielen Berlin
Trailer
13:30 Uhr Podium: Der deutsche Genozid in Namibia in Film und Museum
Künstler*innen und Expert*innen aus Namibia und Deutschland berichten, nehmen Stellung und stehen für Austausch zu Verfügung.
Die Podiumsdiskussion fragt in der Moderation von Hadnet Tesafai nach der Entstehung des Films und der Arbeit am Set in Namibia aus der Sicht der namibischen Hauptdarstellerin Girley Charlene Jazama und dem deutschen Regisseur Lars Kraume. Es geht um den Verbleib der Gebeine der Menschen, die im Zuge der kolonialen Ausbeutung und des Genozids nach Deutschland verschleppt wurden.
Ein besonderes Bindeglied zwischen dem Film „Der vermessene Mensch“ und dem Humboldt Forum ist die Kostüm- und Modedesignerin Cynthia Shimming, die im Jahr 2022 verstarb. Ihr ist der Film gewidmet. Sie hat die namibischen Kostüme für den Film „Der vermessene Mensch“ geschaffen, die unter anderem auf ihrer Arbeit im Forschungs-, Ausstellungs- und Repatriierungsprojekts „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“ am Ethnologischen Museum in Berlin, das von der Gerda Henkel Stiftung gefördert wird, basieren. Wesentlicher Teil dieses Gemeinschaftsprojekts von der Museums Association of Namibia, dem National Museum of Namibia und dem Ethnologischen Museum/ Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin ist die Rückkehr erster Artefakte nach Namibia und die Wiederverbindung der Cultural Belongings mit Communities, Künstler*innen und Wissenschaftler*innen vor Ort. So soll eine Neuschreibung der (Sammlung-s)geschichten aus namibischer Sicht und damit ein Schritt zur Aufarbeitung der langen und komplexen Geschichte, die Namibia und die Deutschen verbindet, ermöglicht werden.
Golda Ha-Eiros, Senior Curator at the National Museum of Namibia und Dr. Julia Binter, Provenienzforscherin bei den Staatlichen Museen zu Berlin, die beide heute das Projekt mitverantworten, berichten vom gemeinsamen Prozess, die heilenden und kreativen Potenziale der kolonialen Sammlungen zu erschließen.
Grußwort
Dr. Andreas Görgen
Mitglied Stiftungsrat Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss, Amtschef bei der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien
Podium
Hadnet Tesfai
Moderation
Girley Charlene Jazama
Hauptdarstellerin Film
Lars Kraume
Regisseur Film
Prof. Dr. Larissa Förster
Humboldt-Universität zu Berlin
Golda Ha-Eiros
Senior Curator at the National Museum of Namibia, Curator „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“
Dr. Julia Binter
Provenienzforscherin, Staatliche Museen zu Berlin, Co-Leiterin des Forschungs-, Ausstellungs- und Repatriierungsprojekts „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“
Hadnet Tesfai ist Hörfunk- und Fernsehmoderatorin, Podcasterin und Field-Reporterin. Sie moderierte für MTV und war ab 2012 Teil eines Teams von Moderator*innen bei ZDFKultur. Für ProSieben interviewte Hadnet Tesfai regelmäßig Hollywoodgrößen wie Will Smith oder Lady Gaga und moderierte für 3Sat schon dreimal die Eröffnungsgala der Berlinale. 2020 startete sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Aminata Belli die Instagram-Talkreihe „Sitzplatzreservierung“ als Reaktion auf die Black Lives Matter-Bewegung und den Umgang damit in den deutschen Medien. Im Humboldt Forum kamen unter ihrer Moderation 2021 sowie 2022 die Autor*innen, welche für den Deutschen Sachbuchpreis nominiert waren, miteinander ins Gespräch. Ebenso im Humboldt Forum moderierte sie den Diskurs „Inventur – Kolonialismus und Ethnologie im Pazifik“ (2021) mit dem Historiker Götz Aly, dem Direktor des Ethnologischen Museums Lars-Christian Koch und dem Filmemacher Martin Maden.
Sie wurde in Namibia geboren und arbeitet seit über 15 Jahren als Schauspielerin, Drehbuchautorin und Produzentin. Ihren ersten Auftritt hatte sie in „The Ties that Bind“ (2008), Namibias erster selbst produzierter Fernsehserie, bei der sie auch zum Team der Drehbuchautoren gehörte. Im Jahr 2009 spielte sie eine Schülerin in der deutschen TV-Produktion „Liebe, Babys und der Zauber Afrikas“. Jazama war Koproduzentin und Hauptdarstellerin in dem preisgekrönten Spielfilm „The White Line“ (2019),
der auf zahlreichen Filmfestivals für Furore sorgte. Für ihre Rolle als Sylvia in „The White Line“ gewann sie den Preis als beste Schauspielerin beim Garden Route International Film Festival und den Sotigui Awards in Burkina Faso. Jazama wurde für diese Rolle zudem bei den Africa Movie Academy Awards 2020 für den Preis für die beste Hauptdarstellerin nominiert. Der Film erhielt ebenfalls eine Nominierung bei den 2020 Africa Movie Academy Awards und war in der Auswahl für die Academy Awards und für die 79. Golden Globe Awards. Jazama fungierte als Koproduzentin und Ko-Autorin von „Baxu and The Giants“, der das Bewusstsein für die Nashornwilderei in Namibia schärft. Der Kurzfilm wurde vom Legal Assistance Centre in Auftrag gegeben und von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) finanziert. „Baxu and the Giants“ wurde auf Festivals weltweit gezeigt und gewann Preise beim San Francisco Independent Short Film Festival und bei den European Cinematography Awards. Er ist außerdem der erste namibische Film, der weltweit auf Netflix gestreamt wird.
Er schloss 1997 mit seinem preisgekrönten Debüt „Dunckel“ die Berliner Filmschule DFFB ab. Seitdem arbeitete er an 30 Fernseh- und Spielfilmproduktionen als Autor, Regisseur oder Produzent.
Sein Kinodebüt feierte Lars Kraume 2001 mit der satirischen Komödie „Viktor Vogel – Commercial Man“. Es folgten verschiedene Fernseharbeiten, darunter die hochgelobte Tatort-Folge „Wo ist Max Gravert?“ (2004). Kraumes Kinofilm „Keine Lieder über Liebe“ mit Florian Lukas, Jürgen Vogel und Heike Makatsch in den Hauptrollen, feierte seine Premiere im Panorama der Berlinale 2005. Sein anschließender TV-Film „Guten Morgen, Herr Grothe“ (2006) wurde unter anderem mit dem Deutschen Fernsehpreis für die Beste
Regie und einem Grimme-Preis in der Kategorie Fiktion ausgezeichnet. 2009 inszenierte er dann mit August Diehl, Daniel Brühl, Johanna Wokalek und Bernadette Heerwagen das beklemmende Kinodrama „Die kommenden Tage“. Lars Kraumes Kinofilm „Der Staat gegen Fritz Bauer“ hatte im Sommer 2015 beim Internationalen Filmfestival von Locarno seine Uraufführung und wurde mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht, darunter sieben Lolas bei der Verleihung des Deutschen Filmpreises. 2015 startete Kraumes nächster Kinofilm „Familienfest“ in den Kinos, stark besetzt mit Lars Eidinger, Hannelore Elsner und Jördis Triebel in den
Hauptrollen. Zuletzt verfilmte Lars Kraume Ferdinand von Schirachs Theaterstück „Terror“ als aufsehenerregendes Live-Experiment und wurde dafür mit dem Deutschen Fernsehpreis für die beste Regie ausgezeichnet. Sein nächster Spielfilm „Das schweigende Klassenzimmer“ wurde 2017 auf der Berlinale uraufgeführt. 2019 lief im ZDF seine Drama-Serie „Die neue Zeit“ über die Anfänge des Bauhauses in Weimar. Bereits abgedreht ist die romantische Komödie „Die Heisenbergsche Unschärferelation der Liebe“
mit Burghart Klaußner und Caroline Peters in den Hauptrollen.
Sie ist Professorin am Institut für Europäische Ethnologie und Mitglied des Centre for Anthropological Research on Museums and Heritage an der Humboldt-Universität zu Berlin. Sie ist Kultur- und Sozialanthropologin mit regionalem Schwerpunkt auf dem südlichen Afrika und thematischem Fokus auf postkoloniale Provenienz-/Restitutionsforschung, insbesondere im Hinblick auf menschliche Überreste (u.a. aus Namibia). Sie begleitet von Anfang an als wissenschaftliche Beraterin das Projekt „Confronting Colonial Pasts. Envisioning Creative Futures“. Seit 2019 leitet sie zudem den Fachbereich „Kultur- und Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten“ des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste.
Diskurs: Der deutsche Genozid in Namibia in Film und Museum
Livestream
16:00 & 16:15 Uhr Führung: Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures
Golda Ha-Eiros (EN) und Julia Binter (DE) geben zum Schluss einen vertieften Einblick in die Ausstellung „Confronting Colonial Pasts, Envisioning Creative Futures“ in der Dauerausstellung des Ethnologischen Museums und Möglichkeit zum persönlichen Austausch.
Die Führung um 16:10 Uhr findet in englischer Sprache statt.
Die Führung um 16:15 Uhr findet in deutscher Sprache statt.