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Vertragsarbeiter*innen aus Vietnam, Mosambik oder auch Angola verhalfen der DDR zu Wohlstandsgewinnen. Im Alltagsleben abseits der Betriebe aber blieben die Vertragsarbeiter*innen weitgehend unsichtbar. Ähnlich ging es den Gastarbeiter*innen im Westen. Sie kamen aus der Türkei, Italien oder Griechenland. Ihre Arbeitskraft wurde für das „Wirtschaftswunder“ gerne genutzt. In beiden Teilen Deutschlands veränderte sich mit der Wende ihr Status und ihre Akzeptanz. Nach 1989/90 brach für viele der „Gäste“ in der ehemaligen DDR die Einkommensquelle weg und sie mussten das Land verlassen. Mit Folgen bis heute, wie das Beispiel der „Madgermanes“ in Mosambik zeigt. Für diejenigen, die in Ostdeutschland blieben,  brach nach 1989 eine neue Zeit an: Ausgrenzung, Gewalt und Hass dominierten die „Baseballschlägerjahre“, die ihre traurigen Höhepunkte u. a. mit den Übergriffen von Hoyerswerda und Solingen in Ost wie West fanden.

Moderation
Insa Wilke

Gesprächsteilnehmer*innen
Esther Dischereit, David Macou, Angelika Nguyen und Julia Oelkers

Beteiligte

Esther Dischereit, lebt in Berlin, schreibt Lyrik, Prosa, Essays und Stücke für Radio und Theater, Multi-Media. Sie wird als eine der wichtigsten literarischen Stimmen der Zweiten Generation nach der Shoah rezipiert. Zuletzt erschienen: Ein Haufen Dollarscheine, Prosa, 2024; Der Verdacht, Theater, Hayat Habibi* Frankfurt am Main, 2024; Quando il mio golem mi aprì la porta. Ediz. italiana e tedesca, 2023; Flowers for Otello On the Crimes which Came Out of Jena, 2020 (engl.), Buch und Hörstück: Blumen für Otello. Über die Verbrechen von Jena, 2014, (nominiert für ARD Medienpreis); Großgesichtiges Kind, 2014, und der Gedichtband Sometimes a Single Leaf, 2019, die Essays Mama darf ich das Deutschlandlied singen sowie (Hg.) Hab keine Angst, erzähl alles! Das Attentat von Halle und die Stimmen der Überlebenden, 2021, ab 2023 zusammen mit Deutsche Bahn: Ausstellung: Wer war Fritz Kittel, Ein Reichsbahnarbeiter entscheidet sich. Esther Dischereit war Professorin an der Universität für Angewandte Kunst in Wien von 2012 bis 2017; 2019 DAAD-Chair in Contemporary Poetics at NYU. 2009 erhielt sie den Erich Fried-Preis für ihr Werk, 2024 gewann sie den Alfred-Gruber-Preis im Meraner Lyrikwettbewerb.

Esther Dischereit (Autorin)
© Bettina Straub

David Macou gehört zu einer der ersten Gruppen von Vertragsarbeiter*innen, die 1979 in die DDR geschickt werden. Macou erhält im VEB Braunkohlewerk Welzow in der Lausitz eine Ausbildung zum Schweißer. Ab 1986 wird er zudem als Gruppenleiter eingesetzt. Im  Mai 1990 und im September 1991 erlebt er pogromartige Angriffe von Neonazis und Bürger*innen in Hoyerswerda. Er ist Teil der letzten Gruppe, die im November 1991 aus Hoyerswerda zurück nach Mosambik geschickt wird. Die Rückkehrer*innen erwarteten die Auszahlung ihrer transferierten Löhne in Mosambik. Als deutlich wird, dass die Regierung dieses Geld nicht auszahlen wird, organisiert Macou gemeinsam mit anderen den Protest. Seit 1993 kämpfen die Rückkehrer*innen aus der DDR –in Mosambik heißen sie Madgermanes – mit wöchentlichen Demonstrationen um die Auszahlung ihrer Löhne.

David Macou
© Julia Oelckers

Angelika Nguyen wuchs in der DDR auf, studierte Filmwissenschaft an der Filmhochschule in Potsdam, drehte 1991 den Dokumentarfilm Bruderland ist abgebrannt über vietnamesische Migrantinnen und Migranten in Ostberlin. 2011 schrieb sie ihren autobiographischen Essay Mutter, wie weit ist Vietnam?, in dem sie das Spannungsfeld zwischen DDR-offizieller Solidarität und alltäglicher Erfahrungswirklichkeit auslotet und zugleich einen kritischen Bogen in rassistische Gegenwarten der Bundesrepublik schlägt. Angelika Nguyen ist tätig als Autorin, Referentin und Filmjournalistin. Sie lebt in Berlin.

Angelika Nguyen
© privat

Julia Oelkers ist Journalistin und Dokumentarfilmerin. Sie erstellte diverse TV-Dokumentationen zu Themen der Zeitgeschichte. Ein zweiter langjähriger Arbeitsschwerpunkt ist ihre Beschäftigung mit den Themen Rassismus, Flucht und Migration. Der Kino-Dokumentarfilm Can´t Be Silent über geflüchtete Musiker wurde mit dem DGB Filmpreis ausgezeichnet und lief auf zahlreichen Festivals. Mit ihren letzten Arbeiten wechselte sie das Medium. Die Webdokumentationen Eigensinn im Bruderland über Migrant*innen in der DDR (bruderland.de) und Gegen uns – Betroffene im Gespräch über rechte und rassistische Gewalt und die Verteidigung der solidarischen Gesellschaft (gegenuns.de) wurden jeweils mit einem Grimme Online Award ausgezeichnet. Ihr neuestes Projekt ist die Online-Ausstellung De-Zentralbild (dezentralbild.net) die private Fotos und Erinnerungen von Migrant*innen in der DDR zeigt.

Julia Oelkers
© Fotostudio-Neukoelln

Insa Wilke ist Literaturkritikerin. Sie schreibt unter anderem für die Süddeutsche Zeitung und den deutschen Rundfunk. Bis 2024 war sie Mitglied des lesenswert quartetts im SWR Fernsehen. Anfang des Jahres sorgte sie mit ihrer eigenen Literaturplattform Café lit für Aufmerksamkeit. Mehr Informationen unter: www.insawilke.de und www.cafelit.de.

Insa Wilke
© Mathias Bothor

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