Familie, Sorge, Staat: Ideale der Zugehörigkeit und Praktiken der Exklusion
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Eintritt frei |
Deutsch |
Saal 3, EG |
Teil von: Ringvorlesung Beziehungsweise Familie |
Die Idee der „modernen“ Familie ist ein zentrales Element europäischer Selbstbeschreibung. Demzufolge ist in Europa Verwandtschaft auf dem Rückzug, und weitgehend durch eine emotionalisierte (Klein- oder Kern-) Familie ohne politische Bedeutung ersetzt. Diesem Selbstbild steht ein Fremdbild gegenüber, dass eine Beständigkeit, bis hin zu Dominanz „traditioneller“ Verwandtschaft in der Vergangenheit oder ausserhalb Europas vermutet. Wirtschaftliche und politische Folgen verwandtschaftlicher Organisation in Europa werden so leicht übersehen. Zudem kann diese Fortschrittserzählung zu einem abwertenden Blick auf andere Formen des Zusammenlebens führen. In Hinblick auf familiäre Sorge ergibt sich jedoch ein ambivalenter Blick. In Europa bedarf sie vermeintlich staatlicher Unterstützung, während sie anderswo ungebrochen vorhanden scheint. „Richtige“ Sorge in Familien wird so zu einem Marker politischer Zugehörigkeit. In meinem Vortrag zeige ich einerseits die politische Bedeutung der Verwandtschaft in Deutschland auf. Andererseits gehe ich auf Formen der Ausgrenzung durch ein spezifisches Verständnis verwandtschaftlicher Sorge ein.
Beteiligte
Prof. Dr. Tatjana Thelen (Universität Wien Institut für Kultur- und Sozialanthropologie)
Prof. Dr. Daniel Tyradellis (Humboldt-Universität zu Berlin)
Dr. Alia Rayyan (Humboldt-Universität zu Berlin)
Dr. Laura Goldenbaum (Stiftung Humboldt Forum im Berliner Schloss)
Tatjana Thelen lehrt als Sozialanthropologin an der Universität Wien. Nach dem Studium in Köln promovierte sie an der Freien Universität Berlin und habilitierte sich an der Martin-Luther-Universität Halle/Wittenberg. Zu den Stationen ihrer wissenschaftlichen Laufbahn zählen das Max Planck Institut für ethnologische Forschung sowie die Universitäten Zürich und Bayreuth. 2023 lehrte sie in Stanford und 2020-2021 war sie Fellow am Institute for Advanced Study in Paris. Zu ihren Forschungsthemen gehören Sorge, Staat und Verwandtschaft. Sie führte Feldforschungen in Ungarn, Rumänien, Serbien und Deutschland durch.
Care/Sorge. Konstruktion, Reproduktion und Auflösung bedeutsamer Bindungen. 2014, Bielefeld: transcript.
Reconnecting State and Kinship. Philadelphia: University of Pennsylvania Press. 2018 (hersg. mit Erdmute Alber).
Political Belonging through Elder Care: Temporalities, Representations and Mutuality. 2019 Anthropological Theory 19 (2): 279–299. (mit Cati Coe)
The Politics of Making Kinship. Historical and Anthropological Perspectives. 2023 New York, Oxford: Berghahn. (hrsg. mit Erdmute Alber, David Sabean und Simon Teuscher).
Der Vortrag ist Teil der interdisziplinären Ringvorlesung „Beziehungsweise Familie“, die den Auftakt zum gleichnamigen Jahresprogramm 2025-26 des Humboldt Forum bildet.
Die Vortragsreihe findet im Rahmen einer Kooperation des Institutionsverbunds im Humboldt Forum statt.
Programmatische Leitung des institutionsübergreifenden Clusters: Dr. Laura Goldenbaum