Selbstbildnis von Rembrandt
Um seine politische Dominanz zu legitimieren und zu demonstrieren, hatte Adolf Hitler befohlen, mehrere Tausend Kunstwerke wie Gemälde, Skulpturen oder Porzellan in einem stillgelegten österreichischen Salzbergwerk einzulagern. Viele dieser Stücke waren für das von Hitler geplante Führermuseum in Linz gedacht, das jedoch nie realisiert wurde. Mittels VR können Sie die fiktionale Rekonstruktion des Bergwerks mit eigenen Augen erleben.
Bereits in den frühen 1930er-Jahren begannen die Nationalsozialisten, Juden vom gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben in Deutschland auszuschließen. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs 1939 startete eine methodische Operation in großem Maßstab, um Wertgegenstände wie Kunst jüdischer Familien zu beschlagnahmen oder deren Verkauf zu erzwingen.
Vor dem Krieg gehörte dieses Selbstporträt Rembrandts den deutschen Juden Ernst und Ellen Rathenau und befand sich als Dauerleihgabe im Rijksmuseum. Die Rathenaus schafften es, in den 1930ern aus Deutschland in die Niederlande und später nach England und in die USA zu fliehen. Unglücklicherweise blieben ihre Versuche erfolglos, den Rembrandt in Sicherheit zu bringen. Das Bild wurde von den Deutschen erbeutet und zusammen mit anderen Meisterwerken wie dem Genter Altar der Gebrüder van Eyck und Vermeers Der Astronom im Salzbergwerk Altaussee eingelagert.
Als abzusehen war, dass Deutschland den Krieg verlieren würde, fassten die Nationalsozialisten den Plan, die geraubten Schätze zu vernichten. Die Minenarbeiter, die Sie in dem VR-Erlebnis sehen, schafften es, die Sprengung des Bergwerks zu verhindern und halfen dabei, die Kunstgegenstände zu retten.
Am Ende wurden viele der geraubten Werke dank der „Monuments Men“ geborgen, eine von den Alliierten gegründete Gruppe von Kunstspezialisten, die in den Kriegsgebieten zum Schutz der Kulturgüter tätig war. Nach dem Krieg gehörte dieses Selbstporträt Rembrandts zum ersten offiziellen Kunsttransport in die Niederlande. Das Gemälde wurde der Familie Rathenau zurückgegeben, die es 1947 an das Mauritshuis veräußerte.
VR-Erlebnis, 2023
Jongsma + O‘Neill
„Deutsches Erbe“
Ernst und Ellen Rathenau hatten dieses Selbstporträt Rembrandts von ihrem Großvater geerbt, dem bekannten Berliner Kunstsammler Marcus Kappel. Kappel hatte zuvor zugesagt, das Gemälde dem Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin (heute das Bode-Museum) zu stiften, konnte sein Versprechen jedoch aus finanziellen Gründen letztlich nicht einhalten. 1925 gaben die Rathenaus ihren Rembrandt als Leihgabe an das Rijksmuseum, doch die Nationalsozialisten fanden trotzdem einen Grund, das Gemälde 1940 zu konfiszieren: Als Teil der Sammlung Kappel befand sich das Bild auf einer Liste des geschütztem „deutschen Erbes“, das das Land nicht hätte verlassen dürfen – nicht einmal als Leihgabe an das Rijksmuseum in Amsterdam.
Antijüdische Gesetze
Weil die Nationalsozialisten die Niederländer als germanisches „Brudervolk“ sahen, wählten sie die Strategie der „Selbstnazifizierung“ – sie führten die Politik der Judenverfolgung in den Niederlanden langsam und Schritt für Schritt ein, denn sie glaubten, dass zu plötzliche und scharfe antijüdische Maßnahmen zu unnötigen Unruhen führen würden. Ab Mai 1942 mussten niederländische Juden Kunst und Schmuck abgeben. Im gleichen Jahr begannen die Deportationen in Konzentrationslager, und die Häuser und Wohnungen der deportierten Juden wurden leergeräumt. Jüdische Eigentümer verkauften auch Kunst an die Deutschen, aber in vielen Fällen geschah dies unfreiwillig und unrechtmäßig. Kunstwerke wurden beispielsweise gegen Ausreisevisa eingetauscht oder verwendet, um sich freizukaufen.
Die Monuments Men
Im Herbst 1943 begaben sich einige alliierte Kunstexperten an die Front, um das Kulturerbe Europas zu schützen und geraubte Kunstgüter aufzuspüren. Das Projekt wurde von den USA initiiert, aber schon bald schlossen sich andere Alliierte an. Bis zum Ende des Krieges wurden Hunderte von Lagerräumen der Nationalsozialisten entdeckt. Die Kunstwerke wurden inventarisiert und in Depots gesammelt, von wo aus sie an ihre Ursprungsländer zurückgegeben werden konnten. Aus der sowjetisch besetzten Zone und der späteren DDR wurde nahezu kein Privateigentum zurückgegeben.
Rückführung
Am 8. Oktober 1945 landete ein Sonderflug auf dem Flughafen Schiphol. Es war der erste Kunsttransport aus Deutschland nach dem Krieg, mit 26 Meisterwerken am Bord, darunter dieses Selbstporträt Rembrandts. Die Alliierten hatten 1943 beschlossen, wiedergefundene Schätze zunächst in ihre Ursprungsländer zurückzuschicken. Anschließend war es die Entscheidung der betreffenden Staaten, weitere Rückgaben an rechtmäßige Eigentümer und Erben zu veranlassen. In den Niederlanden wurde der Rembrandt kurz nach dem Krieg an die Rathenaus zurückgegeben. Die Geschwister veräußerten das Gemälde dann 1947 an das Mauritshuis.
Stiftung Niederländischer Kunstbesitz
Nach dem Krieg wurde die in Deutschland geborgene Kunst von der Stiftung Niederländischer Kunstbesitz (SNK) verwaltet. Ab 1948 machte diese aktiv rechtmäßige Eigentümer ausfindig und organisierte Sonderausstellungen, wo Besucher*innen nach ihrem geraubten Eigentum suchen konnten. Aufgrund strenger Restitutionsanforderungen wurden jedoch viele Stücke nie zurückgegeben: Um ein Kunstobjekt zu beanspruchen, musste man sein Eigentumsrecht belegen; außerdem musste man nachweisen, dass der Eigentumsverlust unfreiwillig stattgefunden hatte, und 2,75 Prozent des Schätzwertes als Aufwandsentschädigung zahlen. Anfang der 1950er-Jahre wurden die verbliebenen Kunstwerke als „ungeeignet zur Restitution“ eingestuft. Sie wurden versteigert oder in die SNK-Sammlung übertragen und anschließend an Museen wie das Mauritshuis in Den Haag verliehen.